So 2 Monate der Wahlstation am Oberverwaltungsgericht in Münster sind nun um. Für alle, die auch mit dem Gedanken spielen, dort ihre Wahlstation zu verbringen, ein paar Infos zum Ablauf bei mir:
Am OVG gibt es – mit einigen Unterschieden – kaum mündliche Verhandlungen. Eine Vielzahl der Verfahren wird im schriftlichen Berufungszulassungsverfahren (§§ 124, 124a VwGO) erledigt. Ich bin – auf meinen Wunsch hin – einer Kammer für Immissionsschutz und Verkehrsrecht zugeordnet worden. Mit mir war wohl nur eine andere Referendarin am Gericht. Die persönlichen Wünsche können deshalb wohl in fast allen Fällen vom Gericht erfüllt werden, wenn man nicht unbedingt in den Präsidentensenat will (der nach meinen Infos keine Referendare nimmt).
Am ersten Tag des Referendariats gab es dort für mich die einzige richtige mündliche Verhandlung. Es ging um das Kohlekraftwerk Trianel und der Gerichtssaal war vorallem wegen des großen Presseinteresses rappelvoll. Ansonsten werde ich von meinem Ausbildungsrichter an diverse Senate „vermittelt“, die mehr oder weniger interessante Fälle nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden haben oder ich darf bei einem Ortstermin eines anderen Senats mitfahren. Bei dieser Gelegenheit lernt man den einen oder anderen Richter kennen. Wer weiß, wofür das einmal gut sein kann 🙂
Ansonsten ist nach der Präsenzpflicht der Anwaltsstation wieder entspanntes Heimarbeiten angesagt. Ein eigenes Büro gibt es beim OVG für Referendare nämlich nicht. Lediglich in der dortigen Bibliothek gibt es einen juris- bzw. jurion-zugang (meine ich). Da der Rechner nur am Intranet hängt und man für die Akten öfter Informationen aus dem Internet braucht (insb. Googlemaps oder auch wikipedia bei technischen Fragen), ist die Arbeitsumgebung dort suboptimal. Hinzu kommt, dass manchmal der dringend benötigte Band eines Kommentars von einem Richter ausgeliehen worden ist. Hier kann ich mich glücklich schätzen, dass ich über ein Stipendium von e-fellows sowohl juris als auch beck-online-Zugriff habe. Damit lassen sich die umfangreichen Akten ganz passabel bearbeiten.
Ansonsten habe ich mit dem 8. Senat des OVG und meinem Ausbilder wieder einmal Glück gehabt. Insbesondere mein Ausbilder gibt sich wirklich Mühe, mir ein paar Sachen der Dezernatsarbeit zu zeigen. Highlights sind auch immer die Vorbesprechungen des Senats, in dem die Richter bei einer Tasse Kaffee im Diskurs eine rechtliche Lösung ermitteln. Referendare, die in der Zivilstation beim Landgericht waren, werden zwar diese (Vor-)Beratungen kennen. Da ich beim Amtsgericht war, wollte ich diesen Aspekt richterlicher Tätigkeit auf jedenfall noch einmal mitnehmen.
Die Arbeitsbelastung ist ok. Im Schnitt muss ich 2 Tage die Woche nach Münster fahren, wobei manchmal auch ein Tag genügt, wenn ich lieber am Schreibtisch mit meiner Akte kämpfe. Feste Fristen für die Bearbeitung bekomme ich ebenfalls nicht, was die Wahlstation auch ganz entspannt macht. Wahrscheinlich weiß mein Ausbilder als ehemaliger Referendararbeitsgemeinschaftsleiter auch, dass man in Erwartung der Klausurergebnisse nicht 100% bei der Sache ist und man es auch einmal ruhiger angehen lassen muss 😉
Als Fazit kann ich jedem, der Interesse am öffentlichen Recht hat und über einen Zugang zu beckonline und juris verfügt, die Wahlstation beim OVG NRW ohne Bedenken empfehlen.