„famos – Der Fall des Monats im Strafrecht“ ist ein Projekt von Prof. Heinrich an der HU Berlin, welches wir auch bei unseren Surftipps verlinkt haben. Jeden Monat wird auf der Internetseite eine prüfungsrelevante Entscheidung auf 6 Seiten besprochen.
Diesen Monat geht es um die Frage, ob das Abhören eines Selbstgesprächs im Auto gegen ein Beweisverwertungsverbot verstößt oder ob die Aufzeichnungen im Prozess zulasten des Angeklagten verwendet werden darf.
Zunächst möchten wir auf die sehr gute und ausführliche Besprechung der Entscheidung durch „famos“ verweisen. Im Folgenden soll die Entscheidung des BGH nur zusammenfassend dargestellt werden.
Der Sachverhalt
Nach der Scheidung befürchtete der Ehemann, dass seine geschiedene Frau mit dem gemeinsamen Kind weit wegziehen könnte und ihm so die Ausübung seines eingeräumten Umgangsrechts erschwert werde. Er entschloss sich daher, seine Ex-Frau zu töten. Einzelheiten zur Tat konnten nicht geklärt werden; auch die Leiche der Frau wurde von den Ermittlungsbehörden nicht gefunden.
Im Zuge der Emittlungen wurden verschiedene verdeckte Überwachungsmaßnahmen durchgeführt. Unter anderem fand mit ermittlungsrichterlicher Gestattung gemäß § 100f StPO in Verbindung mit §§ 100b Abs. 1, 100d Abs. 2 StPO eine elektronische Überwachung im Auto des Angeklagten statt. Dabei wurden dessen Selbstgespräche, als er sich alleine im Auto befand, an mehreren Tagen aufgezeichnet. Unter anderem war auf den Aufzeichnungen zu hören: „oho I kill her…oh yes, oh yes… and its my problem“ sowie „wir haben sie totgemacht“.
Die Entscheidung
Der BGH sah in der Verwertung der Aufzeichnungen im Prozess einen Verstoß gegen das sich aus dem Grundgesetz ergebenden Beweisverwertungsverbots und hob die Verurteilung wegen Mordes auf. Es führte dazu aus:
Das nichtöffentlich geführte Selbstgespräch unterliegt einem selbständigen Beweisverwertungsverbot von Verfassungs wegen. Der absolut geschützte Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltung wird aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet Sein Schutzbereich wird durch heimliche Aufzeichnung des nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs der Zielperson staatlicher Ermittlungsmaßnahmen und deren Verwertung in der Hauptverhandlung berührt.
Ob das nichtöffentlich gesprochene Wort zum absolut geschützten Kernbereich oder zu dem nur relativ geschützten Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört, ist durch Gesamtbewertung aller Umstände im Einzelfall festzustellen. Aus einer Kumulation von Umständen folgt hier, dass die Selbstgespräche des Angeklagten dem Kernbereich zuzurechnen sind. Dazu zählen die Eindimensionalität der „Selbstkommunikation“, die Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation, die mögliche Unbewusstheit der Äußerungen im Selbstgespräch, die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken beim Selbstgespräch und die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes.
Der BGH hat in seinem Urteil ausführlich begründet, warum die Selbstgespräche des Angeklagten dem Kernbereich des Persönlichkeitsrechts zuzuordnen sind. Jedenfalls sollte man sich die in die Abwägung eingestellten Kriterien sowie natürlich das letztliche Ergebnis (Beweisverwertungsverbot wegen Eingriffs in den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts durch Abhören von Selbstgesprächen im Auto auf Grund eines Beschlusses nach § 100 f StPO) merken.