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  Ausgabe 01/2025
Samstag, der 04.01.2025
     

 / NRW / Staatsexamen

Referendariat in OWL (49) – Besuch einer mündlichen Prüfung

von

Zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung an bietet es das LJPA an, die mündliche Prüfung anderer Kandidaten anzuschauen und so einen Eindruck vom Ablauf zu erlangen. Dazu reicht es, eine Email an das LJPA zu senden. Die Zulassung zum gewünschten Termin erfolgt dann auch schnell.

Vergangenen Donnerstag war ich dann im Justizministerium, in dem die mündliche Prüfung stattfand. Die 5 Prüflinge hatten insofern Pech, dass ca. 15 Referendare zuhörten. Am selben Tag fand einen Raum weiter auch eine weitere Prüfung ohne Zuhörer statt. Die Prüfung selbst fand ich durchaus anspruchsvoll. Im öffentlichen Recht kam ein Vortrag  dran, der sich um eine Beseitigungsverfügung bezüglich einer vom Nachmieter geänderten Werbetafel drehte (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO). Die rechtlichen Probleme waren die Auslegung des prozessualen Antrags (bzgl. der angedrohten Ersatzvornahme war die aufschiebende Wirkung anzuordnen), die Prüfung der Genehmigungsfreiheit der Werbeanlage (§§ 63 ff BauO NRW), das Vorliegen einer baulichen Änderung im Verhältnis zur genehmigten Vorgängerwerbetafel  („Variationsbreite“) und die Berücksichtigung einer Werbeanlagensatzung (§ 80 I Nr. 2 BauO NRW).  Auch das Ermessen musste geprüft werden (Bestandsschutz? Vorgehen gegen Eigentümer des Grundstücks statt gegen Mieter?). Bei der Überprüfung der Androhung der Ersatzvornahme war m.E. das Problem, ob hier der Antragsteller teilobsiegt, weil die Duldungsverfügung gegen den Eigentümer erst nach Fristablauf der Beseitigungsaufforderung erlassen worden ist. Harter Tobak für eine Stunde Vorbereitung.

Auch die strafrechtliche Prüfung hatte es in sich: Es ging um einen Fall, in dem zwei Ehegatten ein Mehrfamilienhaus vermieteten und dafür ein gemeinsames Konto hatten. Nach einer Trennung fordert der Ehemann die Mieter auf, nun die Miete auf sein Konto zu überweisen (1. §263 z.N. des Mieters (-), da die Ehegatten eine GbR sind und er durch Zahlung an einen Gesamtgläubiger frei wird; 2. § 263 z.N. der Ehefrau (-), da der Mieter nicht im Lager der Ehefrau, § 266 I Var. 1  (+), da eine Vermögensbetreuungspflicht für die gemeinsame GbR bestehe). Anschließend wurde auf das Strafantragserfordernis eingegangen (§§ 266 II, 247 StGB) und auf die Formalien des Strafantrags. Aus Sicht eines Staatsanwalts musste nun diskutiert werden, ob Anklage oder Strafbefehl zu erheben sind. Von den Kandidaten kaum zu beantworten war dabei die gestellte Frage, ob ein Adhäsionsantrag der Ehefrau dazu führen würde, dass der StA keinen Strafbefehl erlassen kann.

Wer dache, es könnte nicht schlimmer kommen, wurde schnell eines Besseren belehrt. Im zivilrechtlichen Teil der Prüfung wurde ein Urteil des OLG Hamm vom 13.01.2012 besprochen. Dort ging es um einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens nach einem Vergleichsvorschlag gemäß § 278 VI ZPO. Knackpunkt des Falles war die analoge Anwendung des § 127a BGB, weil der Kläger den noch nicht schriftlich vorliegenden Vergleich zu Protokoll des Gerichts angenommen hatte. Die Prüflinge waren total ratlos. Zu recht. Anschließend kam noch ein machbarer Fall aus dem Werkvertragsrecht dran. Der Gag des Falls war, dass ein selbstständiges Beweisverfahren nicht zur Hemmung der Verjährung bezüglich der Werklohnforderung des Unternehmers führen sollte.

Gut machbar hingegen war die öffentlich-rechtliche Prüfung, weil ein Stadthallenfall geprüft wurde. Anlässlich des Falls wurden aber abseitige Themen erörtert: Gibt es eine anwaltliche Pflicht, die NPD als Mandantin zu nehmen? Wenn die NPD deutschlandweit keinen Anwalt finden würde, wären dann Art. 19 IV, 101 I 2 GG verletzt? Ist es aus sicht von Stadt/Bürger/Verwaltungsgericht besser, den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen durch Satzung oder Verwaltungspraxis (i.V.m. Art. 3 I GG) zu regeln? Dabei kam es nicht drauf an, die richtige Lösung zu wissen, sondern nur gute juristische Argumente zu haben.

Ich fand die mündliche Prüfung alles andere als leicht. Wie die Kandidaten abgeschnitten haben, weiß ich nicht, weil die Notenmitteilung nichtöffentlich ist. Jede Prüfung ist anders. Während Kollegen mir von einer total machbaren Prüfung berichteten, kann ich das für diese mündliche Prüfung nicht bestätigen.

Der Artikel wurde am 26. März 2012 von veröffentlicht. Kai hat sein Referendariat in NRW gemacht.